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tartaruga Caretta caretta

Meeresschildkrötenschutz mit TartAmare im Fokus

Wir hatten die Gelegenheit für ein Interview mit Frau Professorin Luana Papetti, der wissenschaftlichen Beraterin von tartAmare, einem gemeinnützigen Verein, der sich der Pflege und Rehabilitation von in Not geratenen Meeresschildkröten widmet.

tartAmare mit operativem Sitz in Marina di Grosseto ist an der toskanischen Küste von Marina di Pisa bis Capalbio tätig, mit Ausnahme des Naturparks der Maremma.  
Tuscany Enviroment Fundation hat in Zusammenarbeit mit tartAmare und unter Mitwirkung des Campingplatzes die Plakate erstellt, die auf dem Campingplatz zu sehen sind und welche die Aktivitäten zum Schutz der Schildkröte Caretta caretta und der Meeresumwelt detaillierter erklären.

 


Wie viele Einsätze haben Sie in diesem Jahr in Bezug zu Meeresschildkröten durchgeführt?
Im Laufe des Jahres haben wir auf mehrere Fälle reagiert. Leider lebten bei den meisten Eingriffen die Tiere nicht mehr, aber es gelang uns, eine Schildkröte zu retten, die sich versehentlich in einem Fischernetz verfangen hatte. Darüber hinaus konnten wir auch im Fall von acht Nestern eingreifen, von denen die meisten durch unsere aktiven Überwachungs- und Forschungstätigkeiten entdeckt wurden. Einige Nester, die während des Legens nicht entdeckt werden konnten, wurden zufällig, durch das Schlüpfen der Jungtiere aus den Eiern entdeckt. Auch bei anderen Gelegenheiten fanden wir Jungtiere, woraufhin wir das Gebiet absperrten, um ihnen einen sicheren Weg zum Meer zu gewährleisten.


Wie viele Schildkröten haben Sie im Jahr 2023 gepflegt und wieder freigelassen?
Wir retteten eine Schildkröte, die wir Rocco nannten, nachdem wir sofort von einem Fischer aus Castiglione della Pescaia benachrichtigt wurden, da sie sich in seinen Netzen verfangen hatte. 
Man muss wissen, dass die Schildkröte ein Allesfresser ist und sehr gerne Fisch frisst. In der Natur hat sie Schwierigkeiten Fische zu fangen, weil sie ohnehin ein großes, sperriges Tier ist und für den Fang nicht ausreichend flink ist. Der Fisch entkommt der Schildkröte leicht, indem er sich zwischen den Steinen versteckt oder einfach wegschwimmt. Noch lebende oder schon tote Fische in Netzen sind somit für die Schildkröte ein einladendes, aber auch oft tödliches Bankett.
Obwohl die Schildkröte ein Lebewesen ist, dass auch unter Wasser atmen kann, muss sie als Reptil auch Luft atmen und kann nur für eine begrenzte Zeit unter Wasser bleiben. Bleibt sie zu lange in den Netzen hängen, besteht die Gefahr des Ertrinkens. Darüber hinaus können Netze zu Verletzungen und zum Einklemmen von Gliedmaßen führen. Deswegen sind die Hauptprobleme, mit denen wir kämpfen Lungenentzündung, Ertrinken oder Verletzungen der Extremitäten.


Welche bedeutenden Ergebnisse haben Sie im Hinblick auf den Schutz dieser Meeresart erzielt?
Während meiner Tätigkeit in Grosseto habe ich fast 15 Jahre lang mit Meeresschildkröten gearbeitet. Ich schätze, dass ich in dieser Zeit etwa 150 Schildkröten behandelt und wieder ins Meer zurückgeführt habe. Was die frisch geschlüpften Jungtiere betrifft, denen wir geholfen haben, das Meer zu erreichen, ist es schwierig, die genaue Zahl zu bestimmen. Wenn man bedenkt, dass im Durchschnitt ca. 80 kleine Schildkröten pro Nest aus den Eiern schlüpfen und wir 8 Nester überwacht haben, ist die Gesamtzahl sicherlich hoch. Man muss jedoch bedenken, dass die Sterblichkeitsrate dieser Tiere, sobald sie im Meer sind, hoch ist.
Unsere operative, wissenschaftliche und vor allem bewusstseinsbildende Organisation ist bemerkenswert gewachsen. Wir haben den Punkt erreicht, dass wir auf nationaler Ebene als Referenzorganisation gelten. Im November werden wir als Vertreter der gesamten TartAmare-Gruppe an einem vom italienischen Ministerium organisierten technischen Rundtischgespräch teilnehmen, um neue nationale Leitlinien für die Erhaltung und den Schutz dieser Art festzulegen. Diese Einladung stellt eine ministerielle Anerkennung unserer Arbeit als wissenschaftlicher Verein dar. Wir sind stark auf Meeresschildkröten und allgemein auf Meeresbiologie spezialisiert. Auch auf lokaler Ebene wird unsere Stimme durchaus gehört und respektiert.


Gab es im Vergleich zu den Vorjahren Fortschritte und/oder wesentliche Veränderungen im Lebensraum der Meeresschildkröten? Haben Sie eine Verbesserung oder Verschlechterung der Überlebenschancen von Meeresschildkröten festgestellt?
Im Laufe der Jahre haben wir sowohl Fortschritte als auch Rückschläge erlebt. Umweltverschmutzung und Meeresmüll stellen heute eine größere Bedrohung dar als zu Beginn meiner Tätigkeit vor 15 Jahren. Während in der Vergangenheit die meisten Rettungsfälle im Zusammenhang mit der Fischerei standen, müssen heute die meisten Schildkröten aufgrund der Auswirkungen der Umweltverschmutzung behandelt werden, oft weil sie sich verfangen oder Gegenstände oder Kunststoff verschluckt haben.
Gleichzeitig spiegelt die Zunahme der Schildkrötennester an unseren Orten die Auswirkungen der Erwärmung des Mittelmeers und den Bedarf der Schildkröten an höheren Temperaturen für die Embryonalentwicklung der Eier wider.
Glücklicherweise haben diese Lebewesen eine große Elastizität und Widerstandsfähigkeit. Sie passen sich den Veränderungen an und besiedeln neue Gebiete. Unsere Unterstützung erleichtert diese Anpassung, beschleunigt den Übergang und fördert das Überleben dieser Arten in einer sich verändernden Meeresumwelt. 
Allerdings bestehen nach wie vor Bedrohungen für das Überleben durch Umweltverschmutzung. Wir versuchen dies mit Gegenmaßnahmen und anderen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verringern. Aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate der Jungtiere erreichen nur wenige das Erwachsenenstadium, und wenn sie dann durch Kunststoffabfall getötet werden, wird es problematisch, konkrete Ergebnisse zu erzielen.  Jedem Nachteil muss entgegengewirkt werden.


Was sagen Ihnen die Analysen an biologischen Geweben?
Wir haben mehrere Forschungsprojekte, darunter auch ein brandneues Projekt mit der Polytechnischen Universität der Region Marken, das soeben veröffentlicht wurde. Wir haben zum ersten Mal in der Welt das Vorhandensein von Mikroplastik im Dotter und in der Leber des Embryos von unausgebrüteten Eiern untersucht. Nun werden sehr aufwändige Nachuntersuchungen erforderlich sein. Wir müssen zum Beispiel herausfinden, ob sich diese Mikroplastik im Nest der Mutter befand und von der Mutter stammen, während sie das Ei bildete.


Welche Pläne haben Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen und Erfolge für die Zukunft?
Parallel zu unseren Rettungs-, Bergungs- und Rehabilitationsmaßnahmen wollen wir mit unseren Sommerinitiativen neue Wege beschreiten, um das Bewusstsein zu fördern.
Wir integrieren Studenten aus ganz Italien in unser Team und nutzen die in der Maremma verfügbaren Einrichtungen für unseren „TartaCamp“. Hier binden wir junge Menschen und Touristen in die Patrouillen an den Stränden ein, bringen ihnen bei, Schildkrötennester zu erkennen und sorgen dann für einen angemessenen Schutz und Überwachung. Wir fördern Initiativen zur Informations- und wissenschaftlichen Verbreitung, um über bewährte Praktiken zum Schutz der Meeresumwelt und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt aufzuklären.
Unsere Tätigkeit ist, wie auch auf dem Campingplatz PuntAla gezeigt, eng mit Umwelterziehung und Sensibilisierung verbunden, denn zum Schutz dieser Meeresart reicht es nicht aus, einzelne Exemplare oder Nester zu retten, sondern es ist notwendig, den Lebensstil der Menschen zu ändern. Daher nutzen wir unsere Aktivitäten vor Ort als Mittel, um einen Wandel im Denken und in den Gewohnheiten der Menschen zu fördern.
Wir empfehlen nicht nur eine Verhaltensänderung, sondern beziehen die Menschen mit ein, indem wir sie an Aktivitäten wie dem Freilassen einer Schildkröte oder der Geburt von Jungtieren beteiligen. Schildkröten sind einfühlsame Tiere und die Beteiligung an diesen Veranstaltungen fördert das Bewusstsein unsererseits und der an diesen Aktivitäten beteiligten Gruppen.


Punta Ala, 29. September 2023